{"id":304,"date":"2015-04-11T18:57:38","date_gmt":"2015-04-11T16:57:38","guid":{"rendered":"http:\/\/p23.eu\/blog\/?p=304"},"modified":"2024-01-31T01:10:14","modified_gmt":"2024-01-31T00:10:14","slug":"bild-boykott","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/p23.eu\/blog\/2015\/04\/bild-boykott\/","title":{"rendered":"BILD-Boykott"},"content":{"rendered":"

Heute demonstrierten Menschen in Berlin gegen die BILD-Zeitung. In dieser \u201eZeitung\u201c stehen oft despektierliche Dinge. Wenn nicht gerade auf Pers\u00f6nlichkeitsrechten herumgetrampelt wird, macht die BILD<\/span> Stimmung gegen Minderheiten und politisch anders gesinnte. Ja, die BILD<\/span> legt oft eine politische Gesinnung an den Tag, und sie f\u00e4hrt regelm\u00e4\u00dfig Kampagnen, welche eine deutlich reaktion\u00e4re und teilweise fremdenfeindliche Handschrift tragen.<\/p>\n

Dagegen wird nun demonstriert. Finde ich prinzipiell gut, schlie\u00dflich dienen Demonstrationen und andere politische Aktionsformen ja der Erregung \u00f6ffentlicher Aufmerksamkeit. Und die Methoden der BILD<\/span> sowie ihre politischen Botschaften k\u00f6nnten durchaus mehr kritische Aufmerksamkeit vertragen.<\/p>\n

Also los \u2014 auf die Barrikaden, BILD-Boykott<\/a>, weg damit!<\/p>\n

Klingt total schl\u00fcssig, hinterl\u00e4sst mich dann aber doch etwas nachdenklich. Warum gab es denn quasi keinen Widerstand gegen die BILD<\/span>? Warum werden denn die Themen und Impulse der BILD<\/span> so bereitwillig in Politik und Medien\u2122 aufgenommen?<\/p>\n

Wieso verkauft sich die BILD<\/span> \u00fcberhaupt so gut?<\/p>\n

Wenn ich der Argumentation einiger BILD-Boykottler*innen folge, m\u00fcsste diese Zeitung nur von den Verkaufsfl\u00e4chen verschwinden und die Leute w\u00fcrden sich \u201ebesinnen\u201c. Dieses Denkmuster ist nicht neu, sondern folgt im Prinzip der gleichen Logik, die jeder anderen Elitenkritik ebenfalls innewohnt. Mal sinds \u201edie Politiker\u201c, \u201eBanker\u201c, \u201eManager\u201c, \u201ePresse\u201c, \u201ePharmalobby\u201c oder die \u201eDeutschland-Macher\u201c von der GmbH (alles wahlweise auch in \u201ekorrupt\u201c oder \u201eunf\u00e4hig\u201c erh\u00e4ltlich). Die als Problem ausgemachte Gruppe muss weg, danach ist alles top.<\/p>\n

Ist nat\u00fcrlich quatsch. Gesellschaftliche Probleme sind nicht die Schuld einer kleinen Gruppe (auch wenn das in Deutschland eine beliebte Argumentation sein mag). Verhaltensweisen wie R\u00fccksichtslosigkeit, Egoismus, Entmenschlichung und Rassismus enstehen nicht im luftleeren Raum, sondern sind kulturell in unserer Gesellschaft verankert. Treten einzelne Politiker*innen\/Manager*innen\/Journalisten*innen ab, stehen gleich mehrere zur Nachfolge bereit \u2014 meist mit dem Anspruch, es besser zu machen. Wobei das \u201ebesser\u201c dann halt das ist, was die Gesellschaft und das eigene Umfeld unter \u201ebesser\u201c versteht.<\/p>\n

Den Elitenkritiker*innen ist gemein, dass sie diese Mechanismen nicht sehen k\u00f6nnen oder wollen. Nicht die Strukturen oder die Gesellschaft korrumpieren \u2014 Elitekritiker*innen sind der Meinung, die Menschen selber seien korrupt (oder unf\u00e4hig). Sie selber nat\u00fcrlich nicht. Die Abwertungsdynamik ist offensichtlich.<\/p>\n

Und messbar. In der Studie Fragile Mitte, feindselige Zust\u00e4nde\u201c<\/a> (2014) wiesen Menschen, die besonders starke Kritik an (politischen) Eliten \u00e4u\u00dferten, auch besonders h\u00e4ufig andere Abwertungstendenzen auf:<\/p>\n